Deal or No Deal

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Neuigkeit 16.10.2020

Deal or No Deal

ODDO BHF4 Minuten

Letzte Chance auf ein Abkommen 

Der aktuelle EU-Gipfel stellt die letzte Chance dar, den bislang erfolglosen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien eine neue Wende zu geben. Immerhin forderten die Regierungschefs ihren Unterhändler gestern auf, die Gespräche fortzusetzen. Sollten diese dennoch scheitern, scheidet Großbritannien mit dem Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 endgültig und ohne Handelsabkommen aus dem Binnenmarkt der Europäischen Union aus. Da die jeweiligen Parlamente noch Zeit für die Ratifizierung eines möglichen Vertrags benötigen, müssten sich die Parteien jetzt sehr schnell – noch im Oktober – verständigen. Doch mit der Einbringung eines neuen Binnenmarktgesetztes ins britische Unterhaus hat Premierminister Boris Johnson auf Seiten der EU viel Vertrauen verspielt. Das umstrittene Gesetz soll Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens verhindern, sollte bis Ende des Jahres kein Freihandelsabkommen mit der EU vereinbart werden können. Doch genau diesen Kontrollen in der Irischen See hatte die britische Regierung Anfang des Jahres in der Austrittsvereinbarung mit der EU zugestimmt. Aber auch in anderen Bereichen ist kaum Kompromissbereitschaft zu erkennen. Bei den wichtigsten Streitpunkten stocken die Verhandlungen seit Monaten: dem künftigen Zugang von (vor allem französischen) Fischern aus der EU zu britischen Gewässern, der Forderung der EU nach Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen als Gegenleistung für den Zugang zum EU-Binnenmarkt und dem Schlichtungsmechanismus bei eventuellen Streitigkeiten. 

Wenn sich die Parteien nicht rechtzeitig einig werden, wird der Handel zwischen der EU und Großbritannien ab dem nächsten Jahr wieder nach den Regeln der Welthandelsorganisation (Meistbegünstigungsprinzip) ablaufen. Deutsche Unternehmen verzeichnen schon seit dem Brexit-Referendum 2016 rückläufige Exporte mit deutlichen Umsatzeinbußen nach Großbritannien. Besonders betroffen vom Rückgang der Ausfuhren sind die Automobilbranche, das Finanz- und Versicherungswesen, die Verkehr- und Logistik- sowie die Elektroindustrie. Unter den Bedingungen des Meistbegünstigungsprinzips würden die europäischen Exporte nach Großbritannien dann mit einem durchschnittlichen Zollsatz von gut 5 Prozent belastet, die europäischen Importe aus dem Vereinigten Königreich mit knapp 5 Prozent. Unter solchen Voraussetzungen würde der Außenhandel mit der Insel in den kommenden Jahren vermutlich weiter schrumpfen.

 

 

Die britische Wirtschaft dürfte von einem Austritt ohne Handelsabkommen weitaus stärker getroffen werden. Ein schwächeres Pfund und Importzölle dürften die Inflation anziehen und die realen Einkommen schrumpfen lassen. Schon infolge der Corona-Pandemie ist die Wirtschaftsleistung Großbritanniens um mehr als ein Fünftel eingebrochen und erholte sich seitdem langsamer als erwartet. Strengere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus bremsen die konjunkturelle Erholung zusätzlich aus. Auch die Aussichten am britischen Arbeitsmarkt sind düster: In der zweiten Jahreshälfte dürften mindestens 650.000 Menschen ihre Jobs verlieren. Nach Schätzungen der London School of Economics (LSE) würde die britische Wirtschaft aufgrund der Corona-Krise trotz des kurzfristig scharfen Einbruchs auf lange Sicht nur rund zwei Prozent des realen BIP einbüßen. Beim No-Deal-Brexit dürften die kurzfristigen Folgen vergleichsweise moderat ausfallen. Langfristig allerdings sind die Brexit-Folgen schwerwiegender: Mit einem Freihandelsabkommen würde der EU-Austritt, so die LSE, langfristig knapp 4 Prozent, der zunehmend wahrscheinlicher werdende ungeordnete Brexit sogar fast 6 Prozent des BIP kosten. Auf Dauer wäre der wirtschaftliche Schaden durch einen No-Deal-Brexits also etwa dreimal so hoch wie der durch die Pandemie. 

Das sollte die britische Einigungsbereitschaft eigentlich stärken, doch Premierminister Boris Johnson fällt es offenkundig schwer, Einschränkungen der nationalen Souveränität hinzunehmen. Vielleicht verlässt er sich auch darauf, dass die unmittelbaren Belastungen durch den Brexit hinter der Wucht der Corona-Krise verblassen.

 

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