Euro-Stärke: Comeback zur Unzeit

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Neuigkeit 18.09.2020

Euro-Stärke: Comeback zur Unzeit

ODDO BHF4 Minuten

Als das Corona-Virus im März seinen Einzug in Europa hielt, sah es für die gemeinsame europäische Währung düster aus. Der Euro war bis unter 1,07 US$ gefallen und nicht wenige Anleger spekulierten darauf, dass die „Parität“ in Kürze fallen könnte. Heute notiert die Gemeinschaftswährung bei rund 1,18 US$, und einiges spricht dafür, dass die Aufwertung weiter gehen könnte. Obwohl eine fortgesetzte Euro-Stärke konjunkturell gesehen zur Unzeit käme, hätte die EZB dem wenig entgegenzusetzen. Vier Faktoren waren für die Wende an den Devisenmärkten nach unserer Einschätzung wesentlich: Erstens, die Entscheidung der EU-Länder einen zentral finanzierten Wiederaufbaufonds einzurichten; zweitens, der geschrumpfte Renditevorteil des US-Marktes; drittens, die Ähnlichkeit der wirtschaftlichen Entwicklung beidseits des Atlantiks, mit Unsicherheiten auf beiden Seiten. Und viertens: Der Euro ist nach den wichtigsten Kriterien fundamental deutlich unterbewertet gegenüber dem US-Dollar. 

Euro-Risiken und Dollar-Vorzüge nehmen ab 

Der entscheidende Impuls für die Aufwertung des Euro scheint der Merkel-Macron-Plan gewesen zu sein. Der deutsch-französische Vorschlag, einen zentral finanzierten Wiederaufbaufonds mit umfangreichen Transfers an die von der Corona-Krise besonders belasteten Länder einzurichten, hat ein wesentliches Manko des Euro zumindest vorübergehend neutralisiert: Das Risiko, dass die Währungsunion an der politischen Auseinandersetzung zwischen den sparsamen und hochverschuldeten Ländern zerbricht. Die Einigung im Europäischen Rat auf einen 750 Mrd. € schweren Fonds ist ein starkes Signal der politischen Handlungsfähigkeit der EU. Ordnungspolitisch mag man von EU-Bonds und umfangreichen Transfers zwischen den Staaten halten was man will, aus dem Blickwinkel des Anlegers macht dieser Schritt zur Vertiefung der finanzpolitischen Zusammenarbeit eine neue europäische Schuldenkrise kurz- bis mittelfristig unwahrscheinlich. 

Auf der einen Seite erscheint der Euro weniger riskant, auf der anderen Seite ist der zeitweise hohe Zinsvorteil des US-Dollars beständig geschrumpft. Aktuell liegt der US-Leitzins knapp über Null, nur noch gut einen halben Prozentpunkt über dem Einlagensatz der EZB. Darüber hinaus bietet die neu formulierte Strategie der Fed weiteren Spielraum für eine stärker beschäftigungs- und wachstumsfördernde Geldpolitik und lässt auch längerfristig eine sehr expansive Ausrichtung erwarten. Nach der Sitzung des Offenmarktausschusses am Mittwoch erklärte Fed-Chef Powell: „Effectively what we are saying is that rates will remain highly accommodative until the economy is far along in its recovery.” Nimmt man die gerade veröffentlichen Projektionen des FOMC zum Maßstab, müsste sich die Fed auch im Jahr 2023 noch nicht zu einer Straffung der Zinsen veranlasst sehen. Interessant war auch, nebenbei bemerkt, dass sich Powell hinsichtlich der Gefahr von Vermögenspreisblasen ziemlich gelassen zeigte. 

Die wirtschaftlichen Perspektiven des Euroraums und der USA unterscheiden sich nicht merklich. Beide Regionen haben infolge der Pandemie einen harten wirtschaftlichen Einschnitt erlebt, und sind nun – vorbehaltlich einer deutlichen Verschärfung der Corona-Lage – auf dem Weg der Erholung. Die Entwicklung in den USA war auch dank der wesentlich massiveren finanzpolitischen Unterstützung etwas dynamischer als in Europa. Zudem scheint die Bautätigkeit von den gesunkenen Hypothekensätzen zu profitieren. Allerdings sind wesentliche Unterstützungszahlungen Ende Juli ausgelaufen. Über mögliche Anschlussleistungen wird weiterhin diskutiert, doch kurz vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen am 3. November dürfte dabei kaum mehr als eine wahltaktische „Bescherung“ herauskommen. Viel hängt davon ab, ob und wie schnell der Arbeitsmarkt die im Dienstleistungssektor (Verkehr, Touristik, Gastronomie, Einzelhandel u.a.m.) freigesetzten, oft geringer qualifizierten Arbeitskräfte wieder integrieren kann. Und dann kommt es natürlich auf die Machtkonstellation in Washington nach den Wahlen an, und ob es gelingt, die zunehmenden politischen und sozialen Spannungen im Zaum zu halten. 

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