Brauchen wir neue Notenbanker?

Nachrichten

Blick auf die Finanzmärkte 10.08.2022

Brauchen wir neue Notenbanker?

ODDO BHF4 Minuten

 

Prof. Dr. Jan Viebig Global Co-CIO ODDO BHF

 

 

Zur Jahresmitte 2021 hin begann in den westlichen Industrieländern die Inflation aufzuflackern. Bis Ende 2021 hatte sich der Verbraucherpreisanstieg in den USA auf 7,1% (CPI), im Euroraum auf 5,0% (HVPI) beschleunigt. Die Notenbanker wurden zwar vorsichtiger, doch letztlich brauchte es den Angebotsschock durch den Krieg in der Ukraine, bis die Währungshüter tatsächlich aktiv wurden. Die US-Notenbank („Fed“) nahm die erste Leitzinserhöhung im März 2022 vor, die EZB zögerte noch bis Juli 2022, um den zinspolitischen Kurswechsel zu vollziehen.

Daniel Gros und Farzaneh Shamsfakhr vom Brüsseler Think-Tank  Centre for  European Policy Studies kommen in einer Analyse im Auftrag des Europäischen Parlaments zu der Einschätzung, dass die EZB ihre expansive Geldpolitik zu lange fortgesetzt und die Inflation systematisch unterschätzt habe. Ein Fehler sei gewesen, dass die EZB beständig daran festgehalten habe, dass die Inflation sich schnell wieder ihrem Inflationsziel von 2% annähern werde.1)  Insgesamt würden die Modelle der EZB zu langsam auf stärkere Veränderungen des Inflationsumfelds reagieren.  Die EZB befindet sich damit in guter Gesellschaft. Der Stanford-Ökonom John Cochrane kommt für die US-Notenbank zu einer ganz ähnlichen Einschätzung: Auch die Federal Reserve hat die Inflation lange unterschätzt.2)

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich ebenfalls auf die Fed. Die renommierten Ökonomen Olivier Blanchard, Alex Domash  und Lawrence Summers stellen die sogenannte Beveridge-Kurve, ein wichtiges Instrument zur Analyse des Arbeitsmarktes, in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Die Beveridge-Kurve stellt die Zahl der offenen Stellen (im Verhältnis zum Arbeitskräftepotenzial) der Arbeitslosenquote gegenüber (siehe Grafik).

Grafik: Quote offener Stellen und Arbeitslosenquote in den USA (Dez. 2000 bis Juni 2022)

Quelle: Blanchard, Domash, Summers (2022); Daten:  Refinitiv Datastream

 

 

Was unmittelbar ins Auge fällt: Die Zahl der offenen Stellen ist momentan ungewöhnlich hoch. Die Bekämpfung der Inflation erfordert eine weitere Anhebung der Leitzinsen. Höhere Zinsen bedeuten wiederum, dass die volkswirtschaftliche Aktivität zurückgeht, die Zahl der offenen Stellen abnimmt und die Arbeitslosigkeit steigt.  Blanchard et al. weisen darauf hin, dass seit den 1950er Jahren noch nie die Zahl der offenen Stellen zurückgekommen sei, ohne dass die Arbeitslosigkeit gestiegen sei.3)  Mit anderen Worten: Die Aussagen des Chefs der Federal Reserve, Jerome Powell, dass die Fed die Zinsen erhöhen und das Wachstum abbremsen könne, ohne dass die Arbeitslosigkeit steige, ist vermutlich von politischem Wunschdenken geprägt. Der Federal Reserve Governor Chris Waller behauptet mit seinem Co-Autor Andrew Figura in einer langatmigen FEDS-Note gar, dass diesmal auch etwas Ungewöhnliches passieren könne.4)  Das ist immer möglich. Es ist aber schlechte Ökonomie, den empirischen Zusammenhang zwischen einem langsameren Wachstum, dem Rückgang der offenen Stellen und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit nicht angemessen zu würdigen. Prognosen der Notenbanken, dass die Inflation schnell zurückkomme oder die Arbeitslosigkeit niedrig bleibe, darf nicht nur dem reinen Wunschdenken der Notenbanker folgen.

 

(...)

 

 

 

 

 

 

 

 

WICHTIGE INFORMATION

Dieses vertrauliche Dokument ist nur für Sie bestimmt Es darf weder insgesamt, noch in Teilen reproduziert, weitergegeben oder veröffentlicht werden. Insbesondere ist dieses Dokument nicht für Kunden oder andere Personen mit Sitz, Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthaltsort oder Greencard in bzw für die USA, Kanada oder anderen Drittstaaten bestimmt und darf nicht an diese Personen weitergegeben bzw. in diese Länder eingeführt oder dort verbreitet werden.

Diese Publikation ist eine Kundeninformation der ODDO BHF Aktiengesellschaft (nachfolgend „ODDO BHF“) im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes. Das Dokument wurde durch die ODDO BHF erstellt, um Kunden bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen und dient ausschließlich Informationszwecken. Es handelt sich hierbei um Werbung und nicht um eine Finanzanalyse. Das Dokument wurde nicht unter Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt und die in diesem Dokument enthaltenen Informationen unterliegen nicht dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen.

Weder dieses Dokument noch irgendeine in Verbindung hiermit gemachte Aussage stellt ein Angebot, eine Aufforderung oder eine Empfehlung zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren dar. Insbesondere berücksichtigt dieses Dokument nicht Ihre persönlichen Umstände und Verhältnisse und ist somit für sich allein genommen weder dazu geeignet noch dazu bestimmt, eine individuelle anleger und anlagegerechte Beratung zu ersetzen.

Soweit in dem Dokument Meinungen Dritter wiedergegeben werden, sind diese Positionen nicht notwendigerweise in Einklang mit den Positionen der ODDO BHF und können diesen ggf. sogar widersprechen.

Diese Präsentation enthält Informationen, die wir für verlässlich halten, für deren Verlässlichkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Die ODDO BHF übernimmt weder eine rechtliche Verbindlichkeit, noch garantiert sie die Aktualität, Vollständigkeit und Fehlerfreiheit des Inhalts Zusätzlich ist die ODDO BHF nicht verpflichtet, den Inhalt zu aktualisieren, an Änderungen anzupassen oder zu vervollständigen.

Die ODDO BHF oder mit der ODDO BHF verbundene Unternehmen können mit Emittenten von in diesem Dokument genannten Finanzinstrumenten in einer Geschäftsverbindung stehen (z.B. als Erbringer oder Bezieher von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen, etwa im Bereich des Investmentbankings). Die ODDO BHF oder mit der ODDO BHF verbundene Unternehmen, können im Rahmen solcher Geschäftsverbindungen Kenntnis von Informationen erlangen, die in diesem Dokument nicht berücksichtigt sind. Darüber hinaus können die ODDO BHF oder mit der ODDO BHF verbundene Unternehmen Geschäfte in oder mit Bezug auf die in diesem Dokument angesprochenen Finanzinstrumente getätigt haben (insbesondere solche im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung für andere Kunden). Für nähere Informationen zu möglichen Interessenkonflikten wenden Sie sich bitte an Ihren zuständigen Ansprechpartner.

Alle innerhalb des Dokuments genannten und ggf durch Dritte geschützten Marken und Warenzeichen unterliegen uneingeschränkt den Bestimmungen des jeweils gültigen Kennzeichenrechts und den Rechten der jeweiligen eingetragenen Eigentümer. Allein aufgrund der bloßen Nennung ist nicht der Schluss zu ziehen, dass Markenzeichen nicht durch Rechte Dritter geschützt sind.

Vergangene Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft. Einige Aussagen dieses Dokuments sind in die Zukunft gerichtet. Derartige Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklung. Diese Aussagen basieren auf aktuellen Einschätzungen und unterliegen Risiken und Unwägbarkeiten, welche die aktuellen Resultate grundlegend verändern können. Bei bestimmten Finanzinstrumenten kann es zu einem Totalverlust kommen und der Verlust kann das eingesetzte Kapital sogar übersteigen Wechselkursbewegungen können den Wert eines Investments erhöhen oder senken und manche Finanzinstrumente können eingeschränkt liquide oder illiquide sein.

Die ODDO BHF untersteht der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn und Marie-Curie-Straße 24-28, 60439 Frankfurt am Main sowie der Europäischen Zentralbank, Sonnemannstraße 20, 60314 Frankfurt am Main.

ODDO BHF erbringt weder rechtliche noch steuerrechtliche Beratungsleistungen. Soweit solche Gesichtspunkte berührt werden, handelt es sich ausschließlich um allgemeine Meinungsäußerungen oder Anregungen, die eine Einschätzung der ODDO BHF zum Zeitpunkt der Publikation wiedergeben. Wir empfehlen Ihnen, rechtliche und steuerliche Berater hinzuziehen, insbesondere zum Zweck der Überprüfung der Geeignetheit bestimmter Produkte.

 

© 2022, Herausgeber: ODDO BHF Aktiengesellschaft, Bockenheimer Landstraße 10, 60323 Frankfurt am Main. Alle Rechte vorbehalten.

 

Partager

Nachrichten

Auf lange Sicht ist die Aktie nicht zu schlagen Blick auf die Finanzmärkte 19.04.2024

Auf lange Sicht ist die Aktie nicht zu schlagen

Drei britische Ökonomen – Paul Marsh und Mike Staunton von der London Business School und Elroy Dimson von der Cambrigde University – haben sich einer mühevollen Arbeit unterzogen: Sie haben 35 Aktienmärkte der Welt so weit wie möglich zurückverfolgt, um eine theoretische Kernfrage der Geldanlage zu überprüfen. Sind Aktien auf lange Sicht wirklich allen anderen Anlageklassen überlegen?

Neue Trends könnten das Börsengeschehen stark prägen Blick auf die Finanzmärkte 19.04.2024

Neue Trends könnten das Börsengeschehen stark prägen

Es beginnt eine Berichtssaison, die aller Voraussicht mehr bieten wird als Routine. Die Unternehmen in den USA und in Europa legen in den kommenden Wochen Zahlen über ihren Geschäftsverlauf im ersten Quartal 2024 vor. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Unsicherheit über die weitere Geldpolitik der Fed zugenommen hat.

Die Wahrheitsstunde der Staatsschulden Blick auf die Finanzmärkte 18.04.2024

Die Wahrheitsstunde der Staatsschulden

Wirtschaftskrisen hinterlassen ein Erbe von hoher Staatsverschuldung. Expansionsphasen sollten von den Regierungen als Chance genutzt werden, um ihre Schulden abzubauen und wieder etwas Spielraum in ihren öffentlichen Finanzen zu schaffen. Das ist leichter gesagt als getan. Schauen wir uns an, was nach den Letzten beiden großen Krisen geschehen ist.