Die Reserven an Devisen sind der wunde Punkt Afrikas

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ODDO BHF in der Presse 14.07.2022

Die Reserven an Devisen sind der wunde Punkt Afrikas

ODDO BHF3 Minuten

Erschienen im Export Manager am 13. Juli 2022

 

Die Welt war gerade auf dem Weg, sich von den negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Versorgungsketten zu erholen, und steht nun vor einer Sicherheitskrise mit ähnlich negativen Effekten: dem militärischen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Bereits davor war eine beginnende Inflation festzustellen. Diese ist seit dem Beginn des festgefahrenen Konflikts im ersten Quartal dieses Jahres weiter gestiegen.

Allen voran in den Volkswirtschaften des afrikanischen Kontinents setzt die Inflation die Devisenreserven zunehmend unter Druck; dies könnte zu starken Wechselkursschwankungen der verschiedenen Devisen führen. Aus Sicht der afrikanischen Importeure sowie der deutschen Exporteure besteht dadurch ein latentes Wechselkursrisiko. Abgesehen von der finanziellen Leistungsfähigkeit der afrikanischen Banken werden die Verwaltung der Devisenreserven und die Währungspolitik ihrer jeweiligen Heimatländer zu wichtigen Kriterien, um kurz- und mittelfristige Außenhandelsfinanzierungsfazilitäten einzurichten.

 

Hohe Devisenausgaben

In den vergangenen Jahrzehnten erwiesen sich die Volkswirtschaften des afrikanischen Kontinents als wachstumsfähig. Dennoch sind die meisten immer noch weit entfernt von den makroökonomischen Indikatoren der Industrienationen. Dies liegt an der Abhängigkeit vieler afrikanischer Volkswirtschaften von Einnahmen aus Rohstoffexporten und der Anfälligkeit für externe Stressfaktoren. Um dies zu ändern, ist der Aufbau eines starken Industriesektors notwendig. Diese Strategie fahren bereits die meisten afrikanischen Staaten – mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die lokale Verarbeitung von Rohstoffen in der Agrarwirtschaft sowie die Energieinfrastruktur fördern. Aufgrund des schwachen Industriesektors geben die Mitgliedsländer der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (CEMAC) und der Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion (WAEMU) mehr Devisen aus, als sie für ihre Exportprodukte einnahmen. Auf dem Höhepunkt der Covid-19-Pandemie wurde das Devisenmanagement der Regionen auf die Probe gestellt. Der Gesamtsaldo der Zahlungsbilanz verschlechterte sich. In der Folge sank auch der Wechselkurs der meisten afrikanischen Währungen gegenüber dem Euro, mit Ausnahme des CFA-Franc.

Nach wie vor wird die unbegrenzte Konvertibilität des CFA-Franc von der französischen Agence France Trésor (AFT) garantiert. Im Fall eines Schocks für die Zahlungsbilanz in einer der Subregionen der CFA-Franc-Zone, der bspw. dazu führen würde, dass die Staaten der Subregion nicht mehr in der Lage wären, die Bezahlung ihrer Importe in Fremdwährungen sicherzustellen, verpflichtet sich die AFT, die erforderlichen Beträge in Euro bereitzustellen. Mit der 2019 erfolgten Reform der währungspolitischen Zusammenarbeit in der WAEMU-Zone wird ein fixer Wechselkurs beibehalten (1 EUR = 655,957 FCFA), und Frankreich gewährt eine unbegrenzte Währungskonvertibilitätsgarantie.

In der CEMAC und WAEMU sind die Konditionen der unbegrenzten Konvertibilitätsgarantie der AFT unterschiedlich. In der CEMAC sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, ihre Devisenreserven bei der Zentralbank der zentralafrikanischen Banken (BEAC) und bei Frankreichs Zentralbank zentralisiert zu verwahren. In der WAEMU ist dagegen die anteilige Verwahrung der Devisenreserven bei Frankreichs Zentralbank nicht mehr zwingend notwendig, um die Gewährleistung der unbegrenzten Konvertibilitätsgarantie der AFT zu bekommen.

 

Strenge Devisenverwaltung nötig

Dennoch ist die Zentralbank der westafrikanischen Staaten zur strengen Devisenverwaltung verpflichtet. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Devisenreserven auf einem akzeptablen Niveau bleiben: 3,4 Monate des Importbedarfs für die CEMAC und fünf Monate für die WAEMU (Stand: 12/2021). Der Vorteil des CFA-Franc ist, dass sich Investoren wenig Gedanken über wiederholte Abwertungen der Landeswährung machen müssen. Für die Banken der CFA-Franc-Zone bedeutet dies im Gegenzug, dass sie ihren Kunden gewährleisten, dass kurz- bis mittelfristige Finanzierungen nicht in ihrem realen Wert verlieren.

 

Ghana bleibt importabhängig

Trotz der Bemühungen der Regierung, das Land mit dem Konzept „one district, one factory“ zu industrialisieren, bleibt Ghana eine importabhängige Wirtschaft. Um seinen Importbedarf zu decken und mittelfristig den Schuldendienst zu gewährleisten, ist das Land nicht nur auf Deviseneinnahmen aus seinen Exporten und Staatsanleihen in Hartwährungen angewiesen, sondern auch auf Kreditfazilitäten bilateraler Organisation und internationaler Finanzinstitute. Für Letztere wie auch für ghanaische Banken ist die Fähigkeit des Landes, seine Hartwährungsreserven effizient zu verwalten, von entscheidender Bedeutung. Einem Bericht der Economist Intelligence Unit zufolge dürften sich die Devisenreserven im ersten Quartal dieses Jahres auf 7,71 Mrd USD belaufen haben, was vier Monaten des ghanaischen Importbedarfs entspricht und damit über dem aufsichtsrechtlichen Schwellenwert von drei Monaten liegt.

Seit Anfang des Jahres ist die Nachfrage nach Hartwährungen gestiegen, weil sich die meisten Unternehmen in Ghana vom Covid-19-Schock erholen. Da der Wechselkurs des Cedi gegenüber den harten Währungen frei schwankt, ist eine weitere Abwertung des Cedi zu erwarten. Für die ghanaische Wirtschaft bedeutet dies einen Anstieg der Kosten für importierte Produkte, einen Anstieg der Produktionskosten und schließlich einen Anstieg der Inflation, was kurzfristig zu einer Belastung der Devisenreserven des Landes führt. Um die Probleme mit den Devisenreserven langfristig zu beheben, verfolgt die Regierung mit ihrem Konzept „one district, one factory“ das Ziel einer lokalen Verarbeitung der natürlichen Ressourcen und somit die Diversifizierung der Einnahmequellen in Hartwährungen.

 

Vielversprechende Maghreb-Region

Die Maghreb-Region steht entwicklungstechnisch vor großen Herausforderungen. Sie ist von Abgeschiedenheit, Naturkatastrophen und klimabedingten Ereignissen, der Erschöpfung von Bodenschätzen, einer unterentwickelten industriellen Basis und einem großen informellen Sektor geprägt. Gleichzeitig ergeben sich dadurch einige Chancen für Exporteure. Die Weltbank hat Anfang Juni 250 Mio USD für das Projekt zur wirtschaftlichen Entwicklung des Nordostens Marokkos genehmigt. Diese Mittel werden dazu beitragen, die Verkehrsanbindung zu verbessern und das Wachstum des Privatsektors in dieser Region zu fördern, insb. die Entwicklung des maritimen Komplexes Nador West Med (NWM), der einen Tiefseehafen und eine Industriezone umfasst.

Algerien möchte die bilateralen Beziehungen zu Deutschland im Bereich erneuerbare Energien verbessern, um die Energiewende im Land schneller voranzutreiben. Das Ziel soll die Entwicklung von grünem Wasserstoff und neuer Solarkraftwerke sein. Tunesien hat bis 2023 vor, 30% des Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dazu versucht das kleinste Land in der Region, ausländische Investoren anzuziehen und die Erdgaseinfuhren zu verringern.

 

(...)

 

 

 

 

 

 

 

Autorenkasten:

Franklin Petato
Regional Manager

Lorena Bonner
Sales Associate

 

www.oddo-bhf.com

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