Russlands Wirtschaft am Boden?

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Blick auf die Finanzmärkte 15.08.2022

Russlands Wirtschaft am Boden?

ODDO BHF4 Minuten

Die Wirksamkeit der vom Westen gegenüber Russland verhängten Sanktionen ist momentan Gegenstand hitziger Debatten. Das Szenario eines schnellen Zusammenbruchs der russischen Wirtschaft mit anschließendem Sturz Putins ist nicht eingetreten. Nichtsdestotrotz zeigt ein kurzer Blick in die Geschichte (z.B. Kuba, Iran, Venezuela), dass westliche Sanktionsregime äußerst schmerzvolle Folgen für die Wirtschaft und die Bevölkerung des betroffenen Landes haben können. Wie wirksam sind also die Sanktionen gegen Russland? Eine genaue Standortbestimmung ist schwierig. Die vom russischen Statistikamt Rosstat seit Kriegsbeginn veröffentlichten Daten sind lückenhaft und unverlässlich. Die immer öfter vorgetragene Meinung, die verhängten Sanktionen würden die Eurozone stärker treffen als Russland, kann mit Blick auf die Wachstumsprognosen in Grafik 1 klar zurückgewiesen werden. Für 2022 und 2023 rechnen Internationaler Währungsfonds (IWF), Weltbank und von Bloomberg befragte Volkswirte für Russland mit einer schweren Rezession. Für die Eurozone wird dagegen ein etwas gedämpftes, aber positives Wirtschaftswachstum erwartet.


 

 

Grafik 1: Reale Wachstumsprognosen
 

Russland

Eurozone

 

2022e

2023e

2022e

2023e

Bloomberg ökonomen-umfrage

-8.4%

-2,5%

2,7%

1,1%

IWF

-6.0%

-3,5%

2,6%

1,2%

Wel tbank

-8.9%

-2,0%

2,5%

1,9%


Quelle: Bloomberg, World Economic Outlook Update July 2022, World Bank Global Economic Prospects June 2022;
Stand: 08.08.2022


Ein Forscherteam um Jeffrey Sonnenfeld von der Yale School of Management geht noch einen Schritt weiter. In ihrer vielbeachteten Analyse zur russischen Wirtschaft kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Sanktionen und der damit verbundene Rückzug von über 1.000 Unternehmen aus dem russischen Markt große ökonomische Schäden anrichten.

 

 

Kurzfristig künstliche „Stabilität“


Wahr ist: Ein totaler wirtschaftlicher Einbruch, wie ihn der IWF für die Ukraine (2022: -35%) leider erwartet, konnte in Russland bisher abgewendet werden. Erreicht wurde dies mithilfe strenger Kapitalverkehrskontrollen, anhaltender Zuflüsse an Devisen aus dem Energieexport und einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Die Kapitalverkehrskontrollen waren zentral, um den Wechselkurs zu stützen und eine massive Kapitalflucht zu verhindern. So notiert der Rubel aufgrund diverser Restriktionen (z.B. Devisenumtauschpflicht für Energieexporteure, beschränkte Fremdwährungskäufe für Privatleute und Unternehmen) aktuell stärker als zu Jahresbeginn. Gleichzeitig stützte die russische Zentralbank die Banken mit unbegrenzt Liquidität. So konnte der Leitzins nach starker Anhebung von 20% auf 8% reduziert und eine Finanzkrise samt Bank-Run verhindert werden. 


Dazu erhöhte Putin die öffentlichen Infrastrukturausgaben und Unterstützungszahlungen an sozial Bedürftige, Familien und Unternehmen, um laut Sberbank den Einbruch des Konsums (im Mai -20% ggü. Vorjahr) abzufedern. Der für 2022 erwartete Staatsüberschuss dreht so in ein Defizit von ca. 2% des BIP. Hier enden die „guten“ Nachrichten. Der fehlende Zugang zu den globalen Kapitalmärkten erschwert die Schuldenfinanzierung. Zur Deckung der erwarteten Defizite machte Finanzminister Anton Siluanov den Vorschlag, ein Drittel der Gelder des Staatsfonds (Gesamtvolumen November 2021: 198 Mrd. US$) zu verwenden. Da passt es ins Bild, dass trotz sehr hoher Preise für Öl und Gas die aus dem Energieexport generierten Steuereinnahmen im Mai auf den niedrigsten Stand dieses Jahres gefallen sind. Es ist davon auszugehen, dass der rückläufige Trend fortbesteht, da die Sanktionen ihre volle Wirkung in den kommenden Monaten und Jahren entfalten dürften. Der wirtschaftliche Niedergang spiegelt sich bereits in der Entwicklung der Devisenreserven. Laut Sonnenfeld et al. sind diese zwischen März und Juli von knapp 650 Mrd. US$ auf 575 Mrd. US$ gesunken. Bedenkt man, dass 300 Mrd. US$ vom Westen eingefroren wurden und schreibt den Reservenverbrauch linear fort, wären nach etwas über einem Jahr alle verfügbaren Reserven aufgebraucht.






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