Europa muss Finanzmärkte in den Dienst seiner Souveränität stellen

ODDO BHF in der Presse
07.10.2023
5 Minutes

Gastbeitrag von Philippe Oddo in der Börsen-Zeitung, 5.7.2023

 

Paris steht heute bei der Börsenkapitalisierung in Europa an erster Stelle, noch vor Frankfurt und London. Hinter diesem französischen Erfolg verbirgt sich jedoch eine besorgniserregende Tatsache: Immer mehr Unternehmen geben ihre europäische Börsennotierung auf, um sich auf den US-Kapitalmärkten zu finanzieren. Der deutsche Industriegasriese Linde, der zuvor in New York und Frankfurt notiert war und jetzt seinen Hauptsitz in Dublin hat, gab Anfang des Jahres bekannt, dass er die deutsche Börse verlässt, um nur noch in den USA notiert zu sein. Im vergangenen März verkündete auch der irische Baustoffriese CRH seine Absicht, seine Hauptnotierung von London in die USA zu verlegen. Viele europäische Startups, wie das deutsche Unternehmen Biontech, ziehen die Nasdaq den europäischen Börsen vor. Dieser Trend ist noch nicht weit verbreitet, stellt aber eine echte Bedrohung für die europäische Souveränität dar. Diese in den Vereinigten Staaten finanzierten Unternehmen werden versucht sein, ihren Hauptsitz dorthin zu verlegen, laufen Gefahr, schließlich amerikanisch zu werden. Europa würde damit die Kontrolle über seine Unternehmen verlieren.

Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der europäischen Finanzzentren muss daher eine Priorität sein, wenn wir unseren Unternehmen die Finanzierungsmöglichkeiten bieten wollen, die sie verdienen. Europa hat zwar viele Trümpfe in der Hand, angefangen bei den besonders starken Banken, Versicherungen und Vermögensverwaltern, aber diese Trümpfe werden nicht ausreichend wahrgenommen. Wir müssen jetzt Maßnahmen ergreifen, um den Unternehmen den Zugang zu den Kapitalmärkten zu erleichtern und die notwendigen steuerlichen Anreize zu schaffen, damit die Ersparnisse der Europäer in Aktien umgewandelt werden.

Die Europäer verfügen über ein Finanzvermögen von rund 28.000 Mrd. Euro, von dem jedoch weniger als 20% in Aktien investiert sind: In den Vereinigten Staaten liegt dieser Anteil bei rund 45%, was einer Reserve von 7.000 Mrd. Euro entspricht, die zur Finanzierung der digitalen und nachhaltigen Transformation unserer Unternehmen mobilisiert werden könnte. Die Priorität für Europa besteht daher darin, einen neuen Aktionsplan zu definieren, der die europäischen Ersparnisse stärker in den Dienst der Unternehmen stellt, die Entwicklung der Mitarbeiterbeteiligung voranbringt und die Entwicklung von Risikokapital für innovative Unternehmen ermöglichen kann. Die Risikobereitschaft wird auf unserem Kontinent zu wenig gefördert: Es ist daher Aufgabe der europäischen Regierungen, steuerliche und ordnungspolitische Anreize zu schaffen, um institutionelle Anleger vor allem leger, vor allem Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften, zu ermutigen, ihre Aktieninvestitionen auszubauen.

Die zweite Säule dieses Aktionsplans steht im Zusammenhang mit der Entwicklung des Kapitalmarkts, der in Europa im Vergleich zu den Vereinigten Staaten immer noch viel zu begrenzt ist. In den USA machen Bankkredite 26% der Kreditaufnahme von Unternehmen aus, während sich die Finanzierung über Anleihen auf 74% beläuft. In Europa stammen nur 23% der Kreditaufnahme von Unternehmen vom Kapitalmarkt. Auf europäischer Ebene haben die Diskussionen über die Banken- und Kapitalmarktunion immer noch Schwierigkeiten, sich zu verwirklichen. Diese beiden Projekte wurden vor fast zehn Jahren ins Leben gerufen und haben bisher nur begrenzte Fortschritte gemacht: Die EU-Kapitalmärkte sind nach wie vor zersplittert, und das Projekt der Bankenunion wird noch immer durch das Fehlen eines gemeinsamen Einlagensicherungssystems behindert.

Ein wesentliches Element des neuen europäischen Aktionsplans wäre die Schaffung einer einzigen Regulierungsbehörde für die Finanzmärkte nach dem Vorbild der Securities and Exchange Commission (SEC) in den USA, die nicht nur für den Schutz der Interessen von Sparern und Anlegern durch eine einheitliche Aufsicht über die Vermarktung von Finanzprodukten zuständig wäre, sondern auch für die Förderung der Finanzmärkte, was eine Verringerung der Bilanzen der Banken ermöglichen würde, die in Europa viermal größer sind als in den USA.

Während die öffentliche Hand zahlreiche Initiativen ins Auge gefasst hat, um den Finanzierungsbedarf unserer Unternehmen zu decken, wie z. B. die Gründung der BPI in Frankreich oder das vom Präsidenten der Europäischen Kommission angekündigte Projekt eines europäischen Staatsfonds, würde es die Ankurbelung der Aktieninvestitionen ermöglichen, die Rendite der Ersparnisse der Europäer zu erhöhen, die Finanzierung von Innovationen und Infrastrukturen zu gewährleisten, die für den digitalen und nachhaltigen Wandel unserer Volkswirtschaften unerlässlich sind, und unseren Unternehmen die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Dies ist eine Frage der Souveränität und erfordert einen politischen Willen auf europäischer Ebene.

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