Was versteht man unter Exportfinanzierung und wie funktioniert sie?
Exportfinanzierung und die Rolle von Exportkreditagenturen
Exportfinanzierungen werden in der Regel mit Beteiligung von Exportkreditagenturen (Export Credit Agencies, ECAs) strukturiert. Aufgabe dieser staatlich geförderten Institutionen ist die Bereitstellung von Garantien und Versicherungen, um den Export eines Landes zu fördern. Dazu sichern sie einheimische Unternehmen beim Handel mit internationalen Partnern ab – insbesondere, wenn diese in aufstrebenden oder instabilen Märkten agieren. ECAs übernehmen Risiken, die andere Kreditgeber oftmals nicht bereit sind zu tragen, darunter Zahlungsausfälle oder politische Risiken wie Kriege, Embargos, Währungs- oder Transferbeschränkungen. Indem sie Finanzierungslücken schließen, ermöglichen ECAs Unternehmen, sich sicher in risikobehafteten Märkten zu bewegen.
Bedeutung der Exportfinanzierung im Welthandel
Die Exportfinanzierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung des globalen Handels, indem sie 1. Käufern – von Unternehmen bis zu staatlichen Stellen – Zugang zu wettbewerbsfähigen Finanzierungslösungen bietet, die auf deren Anforderungen zugeschnitten sind, und 2. Zahlungsrisiken für Exporteure reduziert, die in politisch und wirtschaftlich schwierigen Regionen aktiv sind.
Damit unterstützt sie Unternehmen, weltweit neue Märkte zu erschließen und gleichzeitig finanzielle wie politische Risiken zu managen.
Ablauf einer Exportfinanzierung
Um eine Exportfinanzierung in Anspruch nehmen zu können, sind mehrere Schritte notwendig. Unternehmen können diese über Banken, Exportkreditagenturen oder direkt über Exporteure nutzen. Zunächst werden Finanzierungsbedarf und Unterlagen geprüft, um im Anschluss den geeigneten Finanzierungspartner auszuwählen.
Zu den wesentlichen Parteien im Rahmen von Exportfinanzierungsgeschäften zählt neben dem Importeur und Exporteur, die den Liefervertrag schließen, die finanzierende Bank. Basierend auf den Eckdaten des zugrunde liegenden Projekts und dem Risikoprofil der Transaktion können auch lokale Banken oder staatliche Institutionen beteiligt sein.
Exportkreditagenturen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Absicherung und damit bei der Risikominderung für den Exporteur sowie für die finanzierende Bank.
Der typische Ablauf beginnt mit einem in der Diskussion befindlichen oder bereits vereinbarten Industrieprojekt zwischen dem Besteller (Importeur) und Verkäufer (Exporteur). Zunächst kontaktiert eine der Parteien ein Kreditinstitut, um ein Finanzierungsangebot mit ECA-Deckung anzufragen. Nach positiver Prüfung der Deckungsfähigkeit erstellt die Bank ein indikatives Angebot. Mit der Mandatierung starten die Kredit- und ECA-Antragsprozesse. Nach Kreditgenehmigung wird der Kreditvertrag entwickelt, verhandelt und vereinbart. Der Kredit wird in der Regel direkt an den Exporteur ausgezahlt, sobald die Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind und die Auszahlungsdokumente vorliegen, welche belegen, dass die Lieferung bzw. Leistung tatsächlich stattgefunden hat. Der Kreditnehmer beginnt spätestens sechs Monate nach dem im Kreditvertrag definierten Beginn der Kreditlaufzeit (sog. Starting Point of Credit) mit der Rückzahlung.
Eckpunkte der ECA-gestützten Finanzierung
- Grundsätzlich eine Form der gebundenen Finanzierung, die sich auf ein konkretes Industrie- oder Infrastrukturprojekt mit grenzüberschreitenden Lieferungen oder Erbringung von Dienstleistungen bezieht.
- Das der Finanzierung zugrunde liegende Projekt muss für die jeweilige ECA förderungswürdig sein (z. B. Mindestanteil nationaler Wertschöpfung und risikomäßige Vertretbarkeit).
- Die Verfügbarkeit und die Konditionen für Exportfinanzierungen hängen von folgenden Faktoren ab:
- Dem OECD-Abkommen zu staatlich unterstützten Exportkrediten.
- Maximale Finanzierungsquote beträgt 85 % des Exportvertragswertes,
- Anzahlung über mind. 15 %,
- ECA-Deckungsentgelt abhängig von Land und Bonität.
- Auszahlungen erfolgen in der Regel direkt an den Exporteur entsprechend der erbrachten Lieferungen und Leistungen.
Die wichtigsten Formen der mittel- und langfristigen Exportfinanzierung
- Bestellerkredit: Der Importeur erhält einen Kredit von einer Bank, um den Exporteur zu bezahlen. Der Käuferkredit wird einem ausländischen Besteller (privates oder öffentliches Unternehmen, staatliche Einrichtung oder lokale Bank) zur Finanzierung von Ausrüstung, Infrastruktur und Dienstleistungen gewährt, die vom Exporteur geliefert werden. Bestellerkredite sind die mit Abstand wichtigste Form der Exportfinanzierung.
- Lieferantenkredit: Hierbei gewährt der Lieferant seinem Kunden ein mittel-/langfristiges Zahlungsziel. Dieser Kredit wird dem ausländischen Besteller direkt vom Lieferanten eingeräumt, um den Kauf von Ausrüstung, Infrastruktur und Dienstleistungen zu finanzieren.
- Forderungsverkauf bzw. Forfaitierung: Ankauf von Forderungen unter Ausschluss des Rückgriffs auf den Lieferanten im Falle von Nichtzahlung durch den ausländischen Besteller.
Wichtig: Diese Formen der Exportfinanzierung sind gebundene Kredite, da der Kredit ausschließlich zur Finanzierung einer bestimmten Exporttransaktion verwendet wird. - Ungebundene Kredite: Diese werden für bestimmte Projekte im Ausland vergeben, die nicht direkt an Exporte von Waren und Dienstleistungen gebunden sind. Diese Kredite dienen in der Regel der Unterstützung von Projekten im Zusammenhang mit der Sicherung von Rohstoffen oder Energie.
Wesentliche ECA-Finanzierungsstrukturen
- Direktkredit: Bankkredit, der direkt an den Käufer/Kreditnehmer ausgereicht wird. Voraussetzung ist eine gute Bonität des Unternehmens.
- Bank-zu-Bank-Kredit: Hierbei finanziert eine internationale Bank eine lokale Bank, die als Kreditnehmer auftritt – und die diesen Kredit an den ausländischen Besteller weiterreicht, den sog. Endkreditnehmer
- Staatskredit: Hier tritt das Finanzministerium oder ein staatliches Unternehmen als Kreditnehmer für Projekte der kritischen Infrastruktur und solcher im strategischen, nationalen Interesse.
- Projektfinanzierung ohne oder mit beschränktem Rückgriff auf den Sponsor: Unterstützen den Export groß angelegter Projekte im Bereich der Infrastruktur- oder Investitionsgüter. Der Schuldendienst zur Bedienung des Kredits wird aus den Mittelzuflüssen des Projekts selbst erwirtschaftet. In diesem Modell fungiert eine eigens gegründete Zweckgesellschaft als Kreditnehmer ohne oder nur mit beschränktem Rückgriff auf den Projektsponsor
Vorteile der Exportfinanzierung für Unternehmen
Die Exportfinanzierung bietet Unternehmen diverse Vorzüge, die ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Sie ermöglicht es ihnen, internationalen Kunden attraktivere Zahlungsbedingungen anzubieten, indem sie diesen Zugang zu benötigtem mittel- und langfristigem Kapital in Hartwährung verschafft. Darüber hinaus können Unternehmen ihre Liquidität aufrechterhalten und Betriebsausgaben während des Exports ohne finanzielle Engpässe handhaben.
Exportfinanzierungen ermöglichen es Unternehmen, bessere Zahlungsbedingungen anzubieten, wodurch ihre Produkte und Dienstleistungen für internationale Käufer attraktiver werden. Eine Flexibilität, die zur Erweiterung des Kundenstamms und zur Steigerung des Marktanteils beiträgt, da Exporteure den finanziellen Bedürfnissen und Präferenzen ihrer globalen Kunden gerecht werden können. Neben der Reduzierung politischer und kommerzieller Risiken, schützt sie Kreditgeber wie auch Exporteure vor Zahlungsausfällen oder geopolitischen Problemen. Letztere profitieren darüber hinaus von einem verbesserten Cashflow, da sie in der Regel in bar oder zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen bezahlt werden, während der Kreditnehmer die Rückzahlung über einen längeren Zeitraum verteilt.
Risiken und Herausforderungen in der Exportfinanzierung
Trotz der beschriebenen Vorteile birgt die Exportfinanzierung diverse geschäftliche Risiken und Herausforderungen, die von Kreditrisiken bis hin zu politischen und regulatorischen Hürden reichen. Faktoren, die Transaktionen erschweren können – weshalb es für Unternehmen wichtig ist, Risiken effektiv zu managen und Vorschriften einzuhalten.
Unternehmen und Kreditnehmer müssen bestimmte, vom Kreditgeber festgelegte Kreditstandards erfüllen. Dazu gehören eine gute Bonität, gegebenenfalls ausreichende Sicherheiten sowie eine nachgewiesene finanzielle Stabilität. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, kann dies zur Ablehnung des Antrags führen und die Möglichkeiten des Unternehmens einschränken, auf die erforderlichen Finanzmittel zuzugreifen.
Politische Instabilität, Konjunkturrückgänge oder Veränderungen in der internationalen Handelspolitik können sich negativ auf Transaktionen auswirken. Dadurch kann es für Unternehmen schwieriger werden, internationale Geschäfte abzuschließen oder Zahlungen pünktlich zu erhalten.
Unternehmen, die im Bereich der Exportfinanzierung tätig sind, müssen internationale Vorschriften einhalten, darunter Richtlinien zur Bekämpfung von Geldwäsche und zur Kundenidentifizierung. Verstöße können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und zu Einschränkungen der Handelsaktivitäten führen.
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