Stabile Flughöhe oder Sinkflug?

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Blick auf die Finanzmärkte 18.09.2023

Stabile Flughöhe oder Sinkflug?

ODDO BHF3 Minuten

 

 

 

Laurent Denize – Global Co-CIO ODDO BHF                            Prof. Dr. Jan Viebig – Global Co-CIO ODDO BHF 

 


Während das Urlaubswetter in Europa von Extremen geprägt war, konnten die Kapitalmärkte größere Turbulenzen im Sommer vermeiden. In einem deutlichen Kontrast zum vergangenen Jahr, als Anleger fast nichts richtig machen konnten, waren Gewinne in diesem Jahr leichter zu erzielen. Allerdings gab es große Unterschiede. Risikofreie Staatsanleihen stagnierten mit Erträgen von unter 1 Prozent seit Jahresanfang. Etwas höhere Renditen zwischen 2 und 6 Prozent boten Unternehmensanleihen sowohl im Investment-Grade- als auch im High-Yield-Bereich. In den Schatten gestellt wurden diese Ergebnisse vom Höhenflug der US-Technologieaktien, der allerdings nur von einer Handvoll Aktien getragen wurde, den „Glorreichen Sieben“, die für einen Großteil der Gewinne des S&P 500 verantwortlich waren.  Zuletzt sorgte Nvidia mit die Erwartungen der meisten Analysten übertreffenden Quartalsergebnissen für eine Verlängerung des an Fahrt verlierenden Tech-Booms. Für viele Anleger in Europa sind dies Nach-richten von einem anderen Stern, wie die Mittelzu-flüsse in Fonds nahelegen – angesichts einer nur schwach wachsenden Wirtschaft nutzten sie die hohen Zinsen, um Gelder von Tagesgeldkonten in Geldmarkt-fonds oder kurzlaufende Anleihen umzuschichten. Sie stehen jetzt vor der Frage, ob die Märkte ihr Niveau halten können oder vor einem Sinkflug stehen. 

Unveränderte Agenda: Zins, KI, Konjunktur

Die Anleger sehen sich nach der Rückkehr aus dem Urlaub grundsätzlich mit den gleichen Themen
konfrontiert wie zu Beginn des Sommers: die weitere Entwicklung von Inflation und Geldpolitik, die Bedeutung von KI und die Konjunkturschwäche besonders in Europa und China. Wie geht es nun weiter? Bei historisch hohen Realzinsen am langen Ende und einer Verlangsamung des nominalen Wachstums ist das Ende des Zinserhöhungszyklus in Sicht. Das sollte bonitätsstarken Staatsanleihen Rückenwind verleihen, die in der Regel vor der letzten Zinserhöhung in einem Zyklus ihren Höhepunkt erreichen. Es gibt also Potential für eine Kursrally, wenn die Renditen zu sinken beginnen. Bei High-Yield-Bonds haben sich die Spreads zwar schon eingeengt, sind aber noch weit von den historischen Tiefständen im Jahr 2007 entfernt. Bei von Moodys erwarteten Ausfallraten von 4,3% für die nächsten zwölf Monate und den im Durchschnitt höheren Ratings des High-Yield-Markts winken risikoadjustiert immer noch attraktive Renditen insbesondere bei Kurzläufern. Die Bewertungskennzahlen von Aktien dagegen versprechen kurz- bis mittelfristig wenig Kursphantasie.  Angesichts sinkender Gewinnmargen der Unternehmen und der in Europa und USA sich verstärkenden konjunkturellen Abwärtsrisiken, sollten Aktienengagements nur selektiv eingegangen werden. Trotz kurzfristig möglicher Rücksetzer bleibt KI aber auf lange Sicht ein Kernthema, da die Durchdringung der Unternehmenswelt mit produktivitätssteigernden Anwendungen noch in einem sehr frühen Stadium ist. 
Auch der Luxussektor bietet angesichts der Preissetzungsmacht großer Marken und hoher Eintrittsbarrieren Perspektiven für Qualitätsinvestoren, so dass wir es hier schon eher mit einem Anlagethema denn einem Sektor zu tun haben.

Private Assets: Opportunitäten in einem herausfordernden Umfeld

Ein Wort zu den Märkten für Private Assets, die den rasanten Anstieg der Zinsen mit Verzögerung verarbeiten, weshalb die Bewertungskennzahlen zum Teil noch an die Realität angepasst werden müssen. Da das Transaktionsvolumen seit vier Quartalen rückläufig ist, wird es für die Fonds herausfordernder, das eingesammelte Kapital zu investieren. Wo es zu Transaktionen kommt, geht es oft um Qualitätsunternehmen, die sowohl in guten als auch in schwächeren Phasen höhere Preise erzielen können.  Für Anleger zahlt es sich aus, auf die Renditeunterschiede zwischen einzelnen Managern zu achten, denn gerade in Rezessionszeiten lassen sich überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielen. Die Renditeunterschiede zwischen verschiedenen Strategien werden sich in den nächsten Jahren verringern, die Renditen mit der Ausnahme des vom höheren Zinsniveau profitierenden Private-Debt-Bereich niedriger ausfallen. Da viele Investoren im Kapitalmarktumfeld ihre Liquidität erhöhen müssen, eröffnet neben Private Debt der Sekundärmarkt aktuell interessante Opportunitäten. Generell sollten Anleger kontinuierlich und breit gestreut in verschiedene Manager und Strategien investieren.

 

Unsere Empfehlungen

Mit Blick auf die nächsten Monate geben wir Anleihen generell den Vorzug gegenüber Aktien. Besondere Opportunitäten ergeben sich aus unserer Sicht für die folgenden Anlageideen:

  • Kurzlaufende Hochzinsanleihen sind unser Favorit – ein attraktiver Carry kann ausgleichen, dass die Spreads sich nicht mehr weiter einengen dürften.
  • Investment-Grade-Anleihen – hier bieten die gestiegenen Renditen weiterhin ein attraktives Risiko-Rendite-Profil bei vergleichsweise geringem Risiko
  • Defensive europäische Aktien – angesichts der anhaltenden Konjunkturschwäche in Europa empfiehlt sich die Rotation in defensive Sektoren wie das Gesundheitswesen und die Meidung hochzyklischer Sektoren.
  • Japanische Unternehmen profitieren in diesem Jahr von der Schwäche des Yens, zurückzuführen auf die gegenüber anderen Wirtschaftsräumen niedrigeren Zinsen. Dies könnte eine positive Konjunkturdynamik auslösen und das Land für Finanzinvestoren wieder attraktiv machen.
  • Während China erst seine durch die Immobilienkrise mitausgelöste wirtschaftliche Schwäche überwinden muss, bieten andere Schwellenmarktaktien schon heute interessante Abschläge.

 

Für eine Empfehlung, wieder mehr Risiken einzugehen, müsste der Inflationshöhepunkt erreicht und das Ende der restriktiven Geldpolitik absehbar sein. Positiv ist zu vermerken, dass es bislang wenig Indizien für eine Verfestigung der Inflation durch Lohnsteigerungen gibt. Ein weiterer Katalysator wird das Erreichen von Tiefpunkten bei zentralen Konjunkturindikatoren und den Gewinnrevisionen sein. Hier haben die USA und die Emerging Markets die Nase vorn gegenüber Europa und China. Ob die sanfte Landung gelingt oder wir einen härteren Aufprall durchstehen müssen – wer in Qualität investiert, kann auch turbulentere Phasen durchstehen.


 

 

 


 

 

Wichtige Hinweise

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